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Valentin Boettcher's Site

Fiji

Posted on in Neuseeland • 873 words • 5 minute read

Frisch aus dem Urlaub im Urlaub. Ich grüße von Fiji, denn ich schreibe diesen Eintrag schon auf der Insel und veröffentliche ihn erst jetzt. Ein paar wunderbare und sehr komfortable Tage waren es. Wir wohnen hier in einem sehr schönen Ferienhaus mit Pool, Meeresblick (bzw. Sonnenuntergangsblick) und erfrischender Brise zur Abendstunde. Viel Entspannung und viel Freizeit. Das ganze erinnert mich an Gozo mit ein bisschen mehr grün, der der gleichen Hitze. Wir haben auch zwei “Bedienstete”, die das Haus in Ordnung halten und kochen. Auch wenn sie für Bezahlung arbeiten, so kann ich es doch nicht ab, bedient zu werden als stände ich über anderen. Nun überfällt mich also immer ein gewisses Unbehagen, wenn ich sie arbeiten sehe und ich versuche ab und an zu helfen. Als wir am ersten Tag in die Stadt fuhren, um einzukaufen, durfte ich erfahren, was ein echter Markt ist. Viele, kleine Stände mit frischem Gemüse und allerhand interessanter Kleinigkeiten. Um die nötigen Preisverhandlungen kümmerte sich unserer lokaler Führer Stanley. Auf dem Weg zurück fiel mir dann auf, wie arm das Land Fiji ist. Der Großteil der Bevölkerung lebt in Wellblechhütten und unsere “Bediensteten” schätzen sich mit einen überdurchschnittlich hohen Monatslohn von umgerechnet weniger als 300 Euro glücklich, wobei die Lebensmittelpreise auch gesalzen sind. Da ich gerade die Beweismethode der vollständigen Induktion verstanden hatte, suchte mein Geist nach einem neuen Problem und so stürzte mich die Ungleichheit auf der Welt in eine tiefe Verzweiflung. Wie kann es sein, dass ich so ein Glück habe und in Fiji auf einem Hügel (ja, auch im geographischen Sinne) über den in Armut lebenden Urlaub mache. Wie kann es sein, dass ich mir dieser Ungerechtigkeit bewusst war und dass sie mich aber nicht schon früher zur Verzweiflung getrieben hat. Wenn nur die geringste Möglichkeit besteht etwas ändern zu können, warum sollte ich nicht meine ganze Kraft darauf verwenden, anstatt zu entspannen. Nun, da ich bei diesen Fragen zu keiner zufriedenstellenden Lösung kam, rumorte das Thema in meinen Gedanken (und im Chat mit Nicolai, der sich das gleiche schon etwas früher als ich gefragt hat). Arme und unterentwickelte Länder bleiben unterentwickelt und werden ärmer. Nun wenn wir “entwickelten” in unserem Eigennutz genau diese Umstände ausnutzen und geringe Löhne zahlen (siehe unsere “Bediensteten”) oder Land kaufen, um dann große Villen mit den eigenen Arbeitern anstatt den einheimischen zu bauen. All das zu verhindern ist schwierig, aber nicht unmöglich, wenn man im Alltag bewusster darauf achtet wo denn all das Zeug, was man so günstig kauft, her kommt. Auch sollte man natürlich nicht wirtschaften, um eigennützig Reichtum zu akkumulieren und auch einmal an andere denken. All das entspricht so ziemlich der Christlichen (oder allgemein religiösen) Lehre und wir tun nach wie vor gut daran, danach zu leben. Ok, andere nennen das dann eben unsere “Werte”. Man vergisst das alles aber sehr schnell und erkennt es nur wieder, wenn man mit der Nase darauf gestoßen wird. Ich mit meiner kleinen Reise nach Neuseeland, habe ja noch eigennütziger gehandelt, hätte ich ja auch nach Afrika gehen können, um zu helfen. Punkt. Das also als Auszug aus meinen Gedanken. Nun sehe ich aber auch, dass die Leute hier glücklich, ja wirklich glücklich sind. Wahrscheinlich sogar glücklicher als wir, die wir uns sorgenfrei neue Sorgen schaffen und das dann Fortschrittlichkeit nennen. Unsere Maßstäbe passen nicht überall, Werte aber manchmal schon eher. Auch wenn die Leute glücklich sind, sollte man ihre Lage nicht verschlechtern, nur um in seine Richtung weiter zu kommen. Mit welchem Recht zerstören wir eigentlich einen Planeten, auf dem Sie noch nicht einmal die Möglichkeit hatten genau so “toll” (schlimm) wie wir zu werden. Wissen bringt “Macht”. Naja wohl eher “frei”. Hier auf Fiji weiß man um den westlichen Lebensstiel und steht darüber, auch wenn man den Touristen zuliebe ein paar Spiegelbilder aufstellt und seine Sprache zu einem einzelnen Wort “Bulla” (“Hallo”) verkrüppelt. Zur Erinnerung daran wird man dann von allen Seiten damit beschmissen. Bulla, sagt der Verkäufer, an dessen Stand ich einen Bullachino bestelle, nachdem ich mir ein Bulla-Shirt (Fiji braucht ja auch ”Hawai-Hemden”) bei Bulla-Looks (Ok, der Laden heißt Jack’s… und ich habe mir keines gekauft) gekauft habe. Aber zurück zum Text. Würde hier jedes Kind Zugang zu Bildung haben, so wäre es nicht zwangsläufig glücklicher, dafür jedoch freier zu werden was es eben werden will. Vielleicht ist das ein Ansatzpunkt. Auch wenn ich aus dem Wust der Gedanken, den ich hier nicht noch weiter ausrollen möchte, den ich aber in einer OneNote Übersicht zu systematisieren versuche, noch keine klare Linie herausziehen kann, so habe ich doch schon eine gewisse Synthese gewonnen. Umso mehr der einzelne voran kommt, ohne andere zurück zu stoßen, umso mehr kommt das ganze voran. Umso besser der einzelne wird, ohne anderen zu schaden, umso besser wird das ganze. Das kling in meinen Ohren recht egoistisch, ist jedoch das zufriedenstellendste das ich bisher hervorgebracht habe. Lebe, so gut du kannst, und verschließe deine Augen nicht vor deinen Fehlern. Sollte ich einmal zu Reichtum kommen, so setze ich ihn weise ein, sodass er zu einem Reichtum aller wird. Holla Marx grüßt. Bis dann, als Bald, euer Valentin, der sich das Ganze endlich einmal vom Herzen geschrieben hat. Ps: Ich bin jetzt bei einem Neuen Host und es ist wunderschön. Mehr dazu später.